Vorweg: An dem Wettkampf gab es überhaupt nichts auszusetzen. Karte, Bahnlegung, Organisation mit Anfahrt, Arena, super Verpflegung, entspannte Ausrichter, bis hin zum perfekt bestellten Laufwetter, alles passte beim Hallands 3 Dagars bei Kungsbacka in Südschweden. Bei dem Gelände wurde uns mehr oder weniger schmerzlich bewusst, wie sehr OL-Wettkämpfe – selbst hochkarätige – in Deutschland, nur ein Schatten der Möglichkeiten und Anforderungen unserer Sportart sein können.
Beispiel Belaufbarkeit: der weitgehend weiß dargestellte Wald wies tatsächlich kaum Unterbewuchs auf, abgesehen von den nicht endenden Blaubeerbüschen. Der Untergrund darunter: uneben und steinig – freilich unterhalb der Schwelle für eine Darstellung als feinkupiertes oder Steingebiet. In der Kombination und Konzentration war das neu für uns, obwohl es nicht unser erster Wettkampf in Schweden war. Da half es wenig, aus niedersächsichen Wäldern leidgeprüft von Brennesseln, Brombeeren und Jungbuchen zu sein oder im sandigen Brandenburg oder Sachsen-Anhalt schon einmal ansatzweise die Beinmuskulatur trainiert zu haben: Es bedeutete drei Tage stolpern und den Einheimischen dabei zuzusehen, wie sie leichtfüßig über alles hinwegflogen.
Punkt zwei – die Bahnanlage. Der erste Tag war eine mustergültige Mitteldistanz. Wir hatten uns für Direktbahnen (Blau und Schwarz) entschieden. Auf den ersten zwei Postenverbindungen keimte noch der Gedanke auf „Ach, das ist ja machbar!“ Bämm – wir wissen doch aus der Trainerausbildung, dass die ersten Posten keine besonderen Schwierigkeiten enthalten sollten; ab Posten 2 ging es dann aber zur Sache.
Als ich dann darauf hoffte, am nächsten Tag bei der Langdistanz durch entsprechende Routenwahlentscheidungen wieder ins Laufen zu kommen, ohne dass der Kopf heißlief vor Karten- und Geländewahrnehmung, hätte ich berücksichtigen sollen, dass es praktisch gar keine Wege gab. Ergebnis: 7,0km in 118 Minuten – etwa doppelte Siegerzeit, darauf lief es bei uns allen in etwa immer hinaus.
Alle Starts waren max. 1,4km von der Arena entfernt, Zieleinlauf immer in der Arena. Der Wald gab das natürlich auch her, ohne dass es uns langweilig wurde. Das nicht besonders große, aber detailreiche und diffus bewachsene Gebiet direkt nördlich der Arena wurde in allen drei Läufen weidlich genutzt und sorgte bei uns immer wieder für Fehlerminuten.
Was haben wir dabei gelernt? Etwas vorbereitet waren wir sogar dadurch, dass wir in der Woche vor dem Wettkampf in der Gegend mit Hittaut und Naturpasset trainieren konnten und uns mit Besonderheiten des Geländes bzw. der Kartendarstellung vertraut machten: Passierbare Sümpfe sind tatsächlich passierbar und lassen sich auch oft gar nicht vermeiden, der Versuch birgt die Gefahr, die Richtung zu verlieren. Dass nicht wie bei uns jeder Ministein auch kartiert wird, wussten wir schon, auch dass ein überwachsener Stein gerne als Kuppe zählt. Gewöhnungsbedürftig fanden wir die Verwendung des rauhen offenen Gebiets sowohl für felsigen Boden, der nicht ganz klar abgegrenzt kahl ist (ich hätte da trotzdem lieber grau gesehen), als auch für ruppigen Bewuchs (na gut, es ist Hochsommer, zu Hause überrascht uns die Bewuchsexplosion auch immer). Letztendlich hieß es als Lehre für den dritten Tag dann entspannen, Tempo rausnehmen (die Beine machten eh nicht mehr mit) und das Gelände entlang der Laufstrecke aufmerksam wahrnehmen anstatt schwierige Stellen umlaufen zu wollen, was nicht funktionierte.
Zwei Details noch: die Organisatoren der Hallands 3 Dagars nutzen Pretexpapier (o.ä.?), was wohl in Schweden unüblich ist – beim O-Ringen in Jönköping werden alle Karten eingetütet sein. Und es waren keine Höhenmeter angegeben, das finde ich auch bemerkenswert. Auf der Uhr hatte ich am Sonntag 346m bei 6,8km Luftlinie.
Zur Entspannung und Abrundung gereichte dann die Übertragung der WM im schwedischen Fernsehen, bei der ja auch nicht bei allen alles glattlief. Schadenfreude liegt uns natürlich fern, aber nach der eigenen Erfahrung dann das schwedische Team beim Fehlstempeln in der Staffel zu beobachten versöhnte dann doch ein wenig, indem es noch einmal zeigte, dass auch die schwedischen OL-er nur Menschen sind…
Link zur Veranstaltungsseite: https://eventor.orientering.se/Events/Show/47583
